Direkt zum Hauptbereich

Oma in der Pflicht?

Auf Einer schreit immer erschien kürzlich ein Gastbeitrag darüber, dass man sich als Mutter Unterstützung von der Oma wünschen würde, die aber ihr Leben in vollen Zügen genießt, sich im Fitnessstudio und auf Reisen herumtreibt, während die Working Mum sich wie im Hamsterrad aus Beruf, Haushalt und Kindererziehung fühlt. Früher sei das ganz anders gewesen. Früher hätten Omas gestrickt und mit dem Enkel auf der Parkbank sitzend Vögel gefüttert.

Ich glaube, hier ist jemand dem "Früher war alles besser"-Irrglauben aufgesessen. Zumindest trifft das gezeichnete Bild der Märchen-Oma nicht auf meine eigenen zu. Diese waren jünger als Zwergnases Omas jetzt und auch noch selbstständig. Demnach musste meine Mutter den Alltag mit zwei Kindern auch alleine stemmen. Meine Omas waren da, wenn Not am Mann war oder wenn meine Eltern eben einmal ausgehen wollten. Ich glaube aber nicht, dass sich meine Mutter gewünscht hätte, dass ihre Mutter und ihre Schwiegermutter sich in ihren Haushalt eingemischt hätten. Genausowenig würde ich wollen, dass mir Mutter oder Schwiegermutter die Wohnung wischen oder die Wäsche bügeln.

Auch wenn in dem oben verlinkten Gastbeitrag herausgestellt wird, dass Omas keine kostenlosen Arbeitskräfte zur Kinderbetreuung seien, so bleibt aber bei mir genau das nach dem Lesen hängen. Der Neid darüber, dass man selbst im Leben gefangen sei und die Oma alle Freiheit genießen könne.
Ich sage:
Das ist ihr gutes Recht!
Alles im Leben hat seine Zeit. So stellt die Generation meiner Eltern im Allgemeinen fest, dass das Großeltern-Sein wesentlich entspannter als das Elternsein ist. Wenn der Enkel da ist, nehmen sich Großeltern die Zeit, die im Elternalltag manchmal fehlte. Sie freuen sich, wenn man kommt und sie freuen sich, wenn man wieder geht. Sie sparen sich die kleinen Kämpfe und Wutanfälle, Großeltern müssen nicht immer konsequent sein. Großeltern dürfen verwöhnen. Wie es auch unsere Großeltern mit uns gemacht haben. Genau deswegen kann man sich nicht auf die eigene Erinnerung verlassen. Sie ist getrübt davon, dass Großeltern eben Großeltern und nicht Eltern waren.

Alles im Leben hat seine Zeit. Die eigenen Eltern haben genau diese Pflicht schon hinter sich, sind selbst jahrelang im Hamsterrad gefangen gewesen, um uns die bestmögliche Zukunft zu ermöglichen und uns Förderung zu bieten. Ich denke, meine Mama fand es sicher auch nicht erfüllend, freitags von der Arbeit nach Hause zu hetzen, für uns zu kochen, uns von der Schule abzuholen und dann in aller Hektik zum Klavierunterricht zu bringen. Dennoch hat sie es gemacht, ohne sich ein einziges Mal zu beklagen. Weil sie das Beste für uns wollte.

Schlussendlich wird man die Omas auch nicht vorher gefragt haben, ob man sie mit Enkel "belasten" darf. Man hat sich selbst für die Elternschaft entschieden und nicht bei den zukünftigen Großeltern um Erlaubnis dafür gebeten. Dass man sich die Belastungen des Elternseins vorher absolut nicht vorstellen kann, ist ein anderes Thema. Aber die kannten die eigenen Eltern auch nicht und dennoch haben sie ganz natürlich die Verantwortung für ihre Familie übernommen. Wenn es also zuviel wird, ist es vielleicht einfach an der Zeit, etwas umzustellen, selbst aktiv zu werden. Omas sind ein Zuckerl, wie ich vor kurzem festgestellt habe, keine Selbstverständlichkeit (hier).

Kommentare

  1. Hallo,

    ich möchte mal eine andere Perspektive einbringen - nämlich die des Enkerls. Ich bin Anfang 20 und noch weit davon entfernt meine Eltern zu Großeltern zu machen, aber ich weiß was es heißt Großeltern zu haben die da sind oder eben nicht.
    Die einen Großeltern haben ganze Sommer auf uns aufgepasst (damit meine Eltern keinen Stress während der Schulferien haben), bei Krankheit hat notfalls auch Oma die Suppe gekocht und Opa hat noch als ich ein Teenager war versucht mir das Leben zu erleichtern indem er mich einmal pro Woche zur Schule geführt hat, damit ich - wenn schon nicht schneller - zumindest bequemer unterwegs war und so weiter. Ja, da gab es auch mal Streitereien, obwohl natürlich wesentlich weniger als mit den Eltern.
    Die anderen Großeltern gab es in Dosen, also zu Feiern und vielleicht mal eine Woche im Sommer. Rate mal wen ich jetzt noch ganz regelmäßig sehe, von mir aus jeden Tag ins Krankenhaus fahre wenn mal etwas nicht stimmt und wer immer gleichzeitig mit meinen Eltern über wichtige Lebensveränderungen informiert wird?

    Damit möchte ich nicht sagen Großeltern sollen ihr Leben nicht genießen und müssen auf die Enkerl aufpassen - wie du richtig schreibst, hat sie ja keiner gefragt, ob sie Großeltern werden wollen. Es macht aber einen Unterschied für die Enkerl. Und da müssen dann halt die Großeltern entscheiden was für eine Beziehung sie mit ihnen haben wollen beziehungsweise ob die Freiheit wichtiger ist. Dann darf man sich aber auch nicht wundern, wenn die erwachsenen Enkerl später ihre Prioritäten anders setzen.

    Liebe Grüße

    Franziska

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Franziska! Vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Ein Kind oder ein Enkerl wird immer die größere Bindung zu den Menschen haben, die da sind und die sich Zeit nehmen. Mir ging es aber in dem Artikel gar nicht so sehr um die Bindung zwischen Enkel und Großeltern. Denn Zwergnases Großeltern sind immer da, um ihn zu verwöhnen. Oder auch zum Aufpassen, weil irgendwas ansteht.

      Mir ging es mehr darum, dass manche Mütter es als selbstverständlich nehmen, dass die eigene Mutter, also die Oma, nachwievor hüpft und springen soll, wenn gerufen wird. Und das kann man ganz klar nicht mehr einfordern. Was die Omas freiwillig zu geben bereit sind, ist eine ganz andere Sache.

      Liebe Grüße
      Karin

      Löschen
  2. Hallo Karin,

    Ich kann sowohl deine Meinung als auch Franziskas Ergänzung nachvollziehen. Ich selbst war als Kind oft bei meinen Großeltern. Bei den einen mehr als bei den anderen. Aber dennoch hatte ich bis zum Schluss ein gutes Verhältnis zu ihnen. Sie waren stets die Rettung für meine Vollzeitarbeitenden Eltern, wenn es um Krankheit und Ferien ging. Denn Landwirtschaft (Vater) und Prüfungszeit (Mutter) nehmen nun mal keine Rücksicht auf Belange der eigenen Kinder. Sie waren also auch im Hamsterrad.
    So geht es mir und meinem Mann heute leider auch ab und an. Er ist bei der Bundeswehr und ich stemme oft alles allein, was unsere Familie betrifft. Werde ich selbst dann mal krank oder wir sind zeitgleich zu wichtigen Terminen außerhalb der Stadt, fragen wir als erstes bei meinen Eltern an, ob sie uns helfen. Sie sind so selbstlos und lassen bei Bedarf auch mal alles stehen und liegen, um 3h mit dem Auto zu uns zu fahren und uns zu helfen. Dennoch habe ich selbst immer ein schlechtes Gewissen dabei. Sie haben selbst drei Kinder großgezogen. Und wie ich nun durch die Blume erfuhr, täuschten mich meine Erinnerungen an die viele Zeit bei Oma und Opa. Denn meine Mutter war oft Einzelkämpferin und stemmte alles allein. Insbesondere als mein Vater zu DDR-Zeiten als Reserve für Monate eingezogen wurde. Sie helfen uns immer gern, sagen auch wir sollen es gefälligst sagen, wenn wir Hilfe brauchen. Aber ich selbst denke: Die beiden haben ihre Ruhe verdient! Sie sollen ihr Leben genießen. Denn sie haben schon so viel für uns geleistet. Da muss ich nun nicht darauf bestehen, dass sie ständig auf mein Kind aufpassen. Nichtsdestotrotz ist es schön, diesen Rückhalt zu haben.

    So, nun war das alles arg zusammengefasst. Ich hätte hier tatsächlich einen halben Roman schreiben können 😅 Ich hoffe, es war dennoch verständlich.

    Viele Grüße
    Anne

    AntwortenLöschen
  3. 'Ich glaube aber nicht, dass sich meine Mutter gewünscht hätte, dass ihre Mutter und ihre Schwiegermutter sich in ihren Haushalt eingemischt hätten. Genausowenig würde ich wollen, dass mir Mutter oder Schwiegermutter die Wohnung wischen oder die Wäsche bügeln.'

    Da gehen die Meinungen auseinander. Ich persönlich kann mich dir hier nur anschließen. Ich mache meine Sachen gerne selbst, und kann es nicht ausstehen, wenn sich jemand einmischen will. Klar, es ist bei uns nicht immer alles perfekt! Aber wir essen ja auch nicht vom Boden, sondern von Tellern, und die sind sauber.
    Aus meiner eigenen Kindheit bin ich es gewohnt, dass die Omas gerne mal aufpassen, wenn Not am Mann ist, oder die Eltern mal ohne Kinder abends weggehen möchten. Meine Eltern haben beide viele Geschwister - rein logistisch war es daher schon nicht möglich, da noch jeder Tochter und Schwiegertochter im Haushalt zu helfen.
    Gleiche Erwartungen habe ich nun auch an meine Mutter - bitte hin und wieder Babysitten - da freut sich die Oma auch! Mein Haushalt ist meine Aufgabe, wenn ich nicht zurechtkomme, muss ich mich anders organisieren.
    Ich kenne allerdings auch die andere Seite von einer meiner Schwägerinnen. Da wird die ganze Familie regelmäßig von ihrer Mutter bekocht, sie putzt bei ihr, nimmt die Wäsche mit und bringt sie gewaschen und gebügelt zurück... weil sie das obwohl sie nicht arbeitet mit zwei Kindern selbst nicht schafft.
    Ich kann es nicht ganz nachvollziehen, aber muss letztlich jeder selbst entscheiden - auch die Omis.

    LG Lisa

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wenn Romeo & Julia eine Fitness-Uhr getragen hätten

Wer kennt sie nicht, die tragische Geschichte von Romeo & Julia? Eine Liebe, die nicht sein durfte und zwei unschuldige Leben kostete. Dabei wäre mit einer Fitness-Uhr alles anders ausgegangen. Ich sehe das bei mir und meiner Couch. Dieselbe herzzereißende Geschichte. Es darf nicht zusammen sein, was zusammen gehört. Einfach tragisch. Die Fitness-Uhr hat alles verändert. Wer länger lebt, der leidet länger. Die Fitness-Uhr soll's richten. Schritte-, Schlaf- und Stress-Überwachung - sozusagen das Rundum-Sorglos-Paket. Das Ergebnis ist erschütternd. Ich bin eine 79-jährige übergewichtige und energielose Frau mit zuviel Stress, die einen vegetarischen Tod sterben wird, wenn sie ins Gras beißt. Zum Glück hat die Fitness-Uhr auch gleich die passenden Ratschläge parat, um locker 150 Jahre alt zu werden. Mir wird ganz mulmig. Lebe ich mit den Tipps wirklich länger oder kommt es mir nur so vor? Ich erwäge, mich einfach hinzulegen. Danke, war schön mit euch! Zu meiner Überraschung empfie

Die Legende von St. Martin

Vergangenen Montag fand der St.-Martins-Zug unseres Kindergartens statt. Ein Meilenstein, nicht nur, weil Goldlöckchen sich an dem Vorspiel zur Geschichte des Hl. Martin beteiligen durfte, sondern weil es auch der letzte Martinszug mit einem Kindergartenkind war. Wer kennt sie nicht, die Legende von St. Martin? Damals, vor 30 Jahren, als Erzieherinnen, Kinder und Eltern allen Widrigkeiten trotzten. In Reih und Glied wurden die Kinder aufgestellt und wagten es nicht, aus der Reihe zu tanzen. Statt harmloser LED-Teelichter wurden damals noch ganze Lagerfeuer in die Laternen gepackt, um Wölfe und Bären fernzuhalten. Nur durch Gottes Gnade seien weder Kinder noch Laternen in Flammen aufgegangen. Es baumelten die Laternen noch an Holzstäben mit Splittern so groß wie Zahnstocher. Da hatte man noch etwas in der Hand! So zogen sie aus, um die Kunde des Heiligen Martins bergauf und gegen den Wind in die Welt hinauszusingen. Sie stemmten sich tapfer gegen die nasskalte Wand aus Nebel, während di

Einer geht noch

Täglich grüßt das Murmeltier, zu  das es sich abends ' auf der Couch zwischen dem Göttergatten und mir gemütlich gemacht hat. "Was schauen wir denn heute an?" Die Zahl Pi lässt sich schneller komplett aufsagen, als die Rückfrage "Was läuft denn?" beantwortet ist. Da bleibt nur: Ab durch die Mitte und einfach mal einschalten. Schnickschnackschnuck regelt, welcher der drei Streamingdienste es sein soll.  "Auf was hast du denn Lust?" Bin ich Jesus? Frag mich was Einfacheres! Der Film, den ich sehen will, läuft sowieso immer bei dem Dienst, den wir nicht abonniert haben. Wir starten eine Serie. Die Spannung ist kaum auszuhalten. Nach einer halben Stunde habe ich alle Social Media-Kanäle gecheckt, 3 Bestellungen aufgegeben und auf alle Status-Meldungen in WhatsApp reagiert. Zwischendurch schickt der Göttergatte ein Meme, auf dem Ehepartner nur noch über Smartphone kommunizieren. Blickwechsel. Ich grinse ihn an. Wir verstehen uns auch ohne Worte. . "Ich