Wir sitzen auf dem Balkon und genießen die laue, sternklare Sommernacht. Plötzlich fängt Papa Zwergnase zu schnuppern an. "Da grillt wer!", wirft er fast grimmig in die Nacht hinaus. Ich schnuppere ebenfalls. "Stimmt." Schweigen. Wir hören Gläser aneinanderklingen. Gelächter. "Wir könnten ja mal wieder grillen", meint er ganz unverbindlich. So ein gemütliches Beieinandersitzen wäre wieder einmal schön. Die Unverbindlichkeit wird zur Verbindlichkeit und wir laden für den kommenden Samstag zum Grillen ein. Nicht viele Leute, man will es ja nur gemütlich haben, nichts Besonderes.
Nichts Besonderes artet dann in vier bis fünf verschiedene Salate aus, ein Saucensortiment wird angeschafft, auf das ein Grillhouse neidisch wäre, dazu Kräuterbaguettes, Grillkäse, Würste und Fleisch. Viel Fleisch. Eine Nachspeise braucht es natürlich auch, wohlweislich, dass sich sowieso schon alle am Grillfleisch hemmungslos überfressen haben werden. Alkohol muss auch kalt gestellt werden und am Ende der Vorbereitungen platzt der Kühlschrank aus allen Nähten.
Papa Zwergnase heizt den Grill an. Ich decke den Tisch ein. Ein kritischer Blick zum Himmel. Es ist stark bewölkt, zeitweise sehr windig. Ich sage Papa Zwergnase, dass er den Grill umstellen muss, weil der Qualm zum Tisch zieht. Er entgegnet, dass es nachher sicher nicht mehr windig sei. Nochmals ein kritischer Blick zum Himmel. "Meinst du, das Wetter wird halten?" - "Essen können wir auf alle Fälle draußen. Und wenn alle mit anpacken, haben wir ja schnell alles hinein getragen." Mir gefällt die Sache gar nicht. Aber ich bin es ja gewöhnt. Wir sind keine Schön-Wetter-Griller. Wir grillen nicht dann, wenn alle grillen. Wir brauchen beim Grillen die Herausforderung, den Nervenkitzel. Nass werden oder nicht nass werden - Leben am Limit. Soviel ist mal klar.
Kurz bevor die Gäste kommen, der Super-GAU. Fast unbemerkt ploppen die Regentropfen auf den Tisch. Ich weiß nicht, ob es sich im Folgenden um die richtige Reihenfolge handelt, denn es passiert alles ganz schnell. Ich reiße die Augen weit auf. "Es fängt zu regnen an!" - "Da kommt bestimmt gleich ein richtiger Guss runter!" - "Ich habe es dir doch gleich gesagt!" - "Pack lieber mit an!" Hektisch räume ich alles wieder in die Küche. Papa Zwergnase versucht die Glut mit einem Schirm zu schützen. Der Wind fegt die Tischdecke vom Tisch. Das wird heute nichts mehr! Ich decke den Tisch in der Küche. Papa Zwergnase ruft zwischen den Regentropfen: "Da hinten reißt es schon wieder auf!" Tatsächlich hat es sich nur um einen kurzen Schauer gehandelt. Der Regen hört schnell wieder auf. Kommando zurück! Ich balanciere das Geschirr über unsere Treppe wieder hinunter in den Garten, fange die Tischdecke ein und fange von vorne an.
Den ersten eintreffenden Gästen wird die vergangene Viertelstunde detailreich erzählt. Es wird über das Wetter fachgesimpelt. Man ist sich einig, das wird schon halten. Als die erste Runde Fleisch auf die Teller verteilt wird, sagt einer: "Es hat mich gerade abgetröpfelt!" Der Qualm des Grills wird zum Tisch geblasen. Ein kritischer Blick zum Himmel. Er ist schwarz, wie die Nacht finster...
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