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Es werden Posts vom 2018 angezeigt.

Wenn sie dir die kalte Schulter zeigt

Es gibt Möbelstücke, die sind wie ein guter Freund. Man fühlt sich rundum wohl und wünscht sich, dass die gemeinsame Zeit nie enden würde. Doch die Lebensumstände verändern sich, was einst passte wird nun unpassend. Plötzlich ist die Beziehung fad und abgelegen. Es drückt hier und da und du weißt, etwas Neues muss her. Wie es der Zufall will, denkt sich das auch der Bekannte eines Bekannten... - ihr wisst schon. Auf alle Fälle will der seine neuwertige Ledercouch zu einem Bruchteil ihres Anschaffungswertes loswerden. Ideal für uns! Abwischbares Leder ist äußerst kinderlieb und so geben wir ihr das Ja-Wort. Doch prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht was Besseres findet!  So ist es eben, wenn man sich vorher nicht beschnuppert. Man hegt große Erwartungen. Zu große, die dann bitter enttäuscht werden. Dass sich die Couch einfach abwischen lässt, ist schon der einzige Vorteil. Ansonsten leben wir aneinander vorbei. Manchmal hat das Herz eben seine Gründe, die die Vernunft nicht kenn

Kochen für Kinder

"Was hast du denn heute schon wieder gekocht?" Missmutig rutscht Zwergnase auf seinen Stuhl und zieht die Nase kraus. "Das schmeckt mir bestimmt nicht!", sagt er und lässt den Blick über seinen Teller wandern. Dann verschränkt er die Arme vor der Brust, ich presse die Lippen aufeinander. "Kann ich nicht bei Oma essen?" Ich lege meine Gabel ab, da spaziert glücklicherweise Oma zur Tür herein, die heute bei uns isst. Sogleich verkündet Zwergnase ihr sein Leid: "Schau Oma, was SIE heute wieder gekocht hat!" Doch Oma ist meine Rettung. "Oh, lecker Milchreis!", ruft sie ihrerseits aus, setzt sich und beginnt zu essen. Zwergnase schiebt seinen Reis beleidigt mit dem Löffel auf seinem Teller herum. Mir entgeht sein Grinsen nicht, als sogar seine Schwester den Reis wieder mit der Zunge nach draußen schiebt. Die isst sonst eher so in Richtung Staubsauger. Nämlich alles. Natürlich helfen die alt bekannten Diskussionen gar nichts. Man könnt

Schadensbegrenzung

Eine entfernte Kusine von mir ist Mama von zwei Jungs. Es war mir unerklärlich, warum die Eltern die beiden schon beim kleinsten Muckser ermahnten und zurechtwiesen. Die Jungs waren artig und folgsam, die Strenge fand ich – kinderlos – übertrieben. Dann kam Zwergnase. Er erinnert mich an Michel aus Lönneberga. Oft hegt er die besten Absichten und es geht alles schief. Mit der Zeit bekommt man ein Gespür für den Tatendrang des Nachwuchses. Anders als dieser entwickelt man auch eine Weitsicht für den größten anzunehmenden Unfall. Aufgeschlagene Knie, blaue Flecke, zerbrochene Gläser oder kaputtes Spielzeug. Meistens. „Zwergnase, pass auf!“, „Lass das!“, „Da steht noch was!“, „Steig da nicht drauf!“, „Hör auf zu zappeln!“ oder „Leg das wieder hin!“ höre ich mich im Minutentakt sagen, um kleinere und größere Schäden zu verhindern. Meine eigene Stimme nervt mich selbst. „Schimpf doch nicht immer“, meinen sie dann, die Omas und Opas, die Tanten und Onkeln. Bis die Smarties durch die

Shoppingtour

I ch mache keinen Hehl daraus, dass ich mit Vorliebe online shoppe. Das hat verschiedene Gründe. Abends auf der Couch quengelt mir kein Kind ins Ohr, läuft davon, betatscht und begrapscht alles, braucht ein Klo, will ein Spielzeug haben oder findet Kleidung probieren langweilig. Ich brauche die Kinder erst gar nicht anziehen und ins Auto packen, keine Tasche mitschleppen, mit dessen Inhalt wir drei Tage in völliger Abgeschiedenheit überleben könnten, ich brauche keinen Parkplatz suchen und bezahlen. Dennoch war ich vor kurzem mit meiner Mutter shoppen. Die Kinder habe ich dem Mann aufs Auge gedrückt und dann sind wir nachmittags in die City. Wir brauchten Kleider für einen festlichen Anlass. Da sind wir penibel, da wollen wir den Stoff sehen und fühlen, die Qualität vorab prüfen. Außerdem fallen die Größen bei Abendkleidern so unterschiedlich aus, dass es ohne Anprobieren nicht geht. Im einschlägigen Bekleidungsgeschäft in der Deggendorfer Einkaufspassage Degg's stehen wir

Das neumoderne Glump

A ls ich mein erstes Handy haben wollte, erklärten mir meine Eltern, dass mein Vater meine Mutter noch von der Telefonzelle aus anrufen hätte müssen und sie sich auch verabreden hätten können. Der eingeschnappte Gymnasiast antwortete mit einem Unfug wie "Das einzig Beständige ist die Veränderung!" und knallte mit den Türen. "Wir haben das nicht gehabt und ging trotzdem!", wusste auch die Oma. Ein Standardsatz, der einen regelmäßig mit den Augen rollen ließ. Heute weiß ich, dass ich meinen Kindern unter Begleitung eindrucksvoller lautlicher Imitation erklären werde, wie man sich einst mit einem Modem ins Internet einwählen musste. Denn auf einmal war er da, der Gedanke, dass man dieses neumoderne Glump nicht braucht und das Altbewährte genauso gut, wenn nicht sogar besser gewesen sei.  Andächtig standen wir nämlich in der Vorführküche des Möbelhauses und ließen uns blenden, wie schnell der ultramoderne Induktionsherd mit Touch-Bedienfeld einen Topf mit Wasser auf

Macho, Macho

Zwergnase hat seine Gabel in der Hand und hypnotisiert seinen Teller vor ihm. Unentschlossen schiebt er das Fleisch von einer Seite auf die andere. "Du, Mama, war die Ente eigentlich ein Mann oder eine Frau?" Ich muss aufpassen, dass mir die Gabel nicht aus der Hand fällt. Mein Mund steht offen. Zwergnase spießt ein Fleischstück auf. "Das war bestimmt ein Entenmann. Weil es ja eine Entenbrust und kein Entenbusen ist!" Zufrieden mit seiner Erklärung tunkt er das Fleischstück in die Sauce und steckt es sich herzhaft in den Mund. Seine Füße baumeln unbedarft vom Stuhl. Ja, die Unterschiede zwischen Mann und Frau interessieren ihn derzeit sehr. Nicht nur die körperlichen. Also dass Mama zum Beispiel den Papa bittet, die Essiggurken aufzumachen. Es ist erstaunlich, welche Schlüsse er aus seinen Beobachtungen zieht. Zum Beispiel gehen Männer in die Arbeit und den Frauen gehört die Küche. Ja, sogar er geht jeden Tag in den Kindergarten, während seine Mama mit dem A