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Schadensbegrenzung

Eine entfernte Kusine von mir ist Mama von zwei Jungs. Es war mir unerklärlich, warum die Eltern die beiden schon beim kleinsten Muckser ermahnten und zurechtwiesen. Die Jungs waren artig und folgsam, die Strenge fand ich – kinderlos – übertrieben.

Dann kam Zwergnase. Er erinnert mich an Michel aus Lönneberga. Oft hegt er die besten Absichten und es geht alles schief. Mit der Zeit bekommt man ein Gespür für den Tatendrang des Nachwuchses. Anders als dieser entwickelt man auch eine Weitsicht für den größten anzunehmenden Unfall. Aufgeschlagene Knie, blaue Flecke, zerbrochene Gläser oder kaputtes Spielzeug. Meistens.

„Zwergnase, pass auf!“, „Lass das!“, „Da steht noch was!“, „Steig da nicht drauf!“, „Hör auf zu zappeln!“ oder „Leg das wieder hin!“ höre ich mich im Minutentakt sagen, um kleinere und größere Schäden zu verhindern. Meine eigene Stimme nervt mich selbst. „Schimpf doch nicht immer“, meinen sie dann, die Omas und Opas, die Tanten und Onkeln. Bis die Smarties durch die Gegend fliegen, weil Zwergnase das Röhrchen als Rassel für Apfelbäckchen benutzt, der Gartenzaun mit Straßenkreide verschönert oder mit dem Schraubenzieher in der Hand an Opas Motorrad „Werkstatt“ gespielt wird.

Alles sieht man trotzdem nicht kommen. Ich bin nicht argwöhnisch, als Zwergnase mit seinen Spielzeugautos ins Kinderplanschbecken verschwand. Wähnte ihn und sein Spielzeug in Sicherheit. Ich hatte seine Schwester noch nicht einmal ausgezogen, stand er aufgeregt schon wieder vor mir. „Mama! Hilf mir! Lightning steckt fest!“ Der Bademeister und ich brauchten eine halbe Stunde, bis wir das Spielzeugauto aus dem Hahn der Wasserpumpe wieder herausbekommen haben. „Zwergnase“, ermahne ich ihn, „man muss nicht jedes Loch stopfen, das man findet. Merk dir das für später!“ Zwergnase war folgsam. Seine Gummiballflummis steckte er dann unter die Wasserpumpe statt hinein. Ich bin wirklich froh, dass wir keine Suppenschüssel aus Porzellan zuhause haben…

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