Nichts ahnend macht sich die Familie auf dem Weg in die Kurklinik. Das Wetter ist durchwachsen. Man kann die Sonne hinter den grauen Wolken nur erahnen. Der kalte Ostwind lässt sie schon auf dem Weg zum Auto frösteln. Rasch zieht sie ihre Jacke enger um den Körper. Die Fahrt verläuft fröhlich. Aus dem Radio tönen Kinderlieder, die eifrig mitgesungen werden. Dass der Himmel sich immer mehr verdunkelt und bedrohlich über der Bergkette hängt, sehen sie nicht.
Kurz vor dem Ziel wird es still. Die Bebauung hat abgenommen, die Dörfer wirken verlassen und herunter gekommen. Die breite Bundesstraße durchschneidet die Landschaft und spiegelt das Grau des Himmels. "Meine Güte", murmelt sie, "so muss das Ende der Welt aussehen!" Der Wind fegt durch das blanke Geäst der wenigen Bäume an der Ortsdurchfahrt. Einsam treibt er eine leere Plastiktüte vor sich her, die gehetzte Saltos schlägt. Am Rathaus bröckelt der Putz. Obwohl es Samstag ist, sieht man keine Menschenseele auf den Straßen. Als erwarteten sie die Apokalypse.
"Da! Da vorne muss ein Café sein!" Sie versucht den Hals um die Kurve zu recken. In ihren Augen blitzt kurz die Hoffnung auf, die jäh zerstört wird. Das Café hat seine besten Zeiten hinter sich. Die altbackenen Stores hängen vergilbt an der Scheibe, dahinter ist es dunkel. Die Stühle stehen auf den Tischen. "Jetzt kann es aber nicht mehr weit sein", sagt er, sein Blick aufmerksam auf die Straße gerichtet. Hat er nicht hinter dem nächsten Hauseck eine Bewegung wahrgenommen? Für die anderen kaum merklich geht er vom Gas, um rechtzeitig bremsen zu können, falls der den Weltuntergang einläutende Zombie hervorspringt. Hat auch sie etwas gesehen? Ihr Blick folgt seinem, unruhig rutscht sie auf dem Sitz hin und her.
Als sie auf den Parkplatz der Klinik einbiegen, sehen sie ihn schon von weitem auf der Bank sitzen. Er starrt auf das Gebäude, das einen neuen Anstrich bräuchte. Es ragt bedrohlich in den Himmel und scheint alles zu erschlagen, was sich außerhalb der Mauern bewegt. Ratlos bleiben sie auf dem Parkplatz stehen. Sie wollen sich weder vom Gebäude verschlingen lassen, noch abwarten, bis die Gewalten des Himmels über sie hereinbrechen. Alles in ihnen schreit, diesen Ort wieder zu verlassen. Eine Alte schleicht an ihnen vorbei, doch sie bleibt stumm.
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