Direkt zum Hauptbereich

Das erotische Dinner

Social Distancing belastet mich überhaupt nicht. Ich liebe es, Selbstgespräche zu führen. Da habe ich immer recht.

Ich verbringe sehr viel Zeit mit mir selbst. Klar, manchmal bin ich etwas anstrengend. Da frage ich mich schon, wie ich mich den ganzen Tag aushalten soll. Zum Glück hat sich der Göttergatte dazu verpflichtet, bis dass der Tod uns scheidet. Der geht vor allem im Moment sehr gerne in die Arbeit … im Einzelhandel … mit uneinsichtigen Kunden. Ach…

Die Zeit zuhause will ich nutzen. Endlich das tun, was man bisher immer aufgeschoben hat. Ein Paarabend muss her. Ich verspreche ihm ein erotisches Dinner mit allen Schikanen.

Beim Überfliegen äußerst aussgekräftiger Artikel im Netz wird schnell klar: Alles gar kein Problem. Champagner, Austern und Trüffel hat die gute Ehefrau selbstverständlich gehamstert.

Mit wenigen Griffen schleppe ich die systemrelevanten Zutaten für das erotischste Dinner aller Zeiten in die Küche. Die Vorfreude hat so schön geprickelt in mein Bauch, dass es erst einmal ein Gläschen Prosecco braucht. Nennt sich dann Schaumsüppchen im Glas. Zur Sicherheit nippe ich nochmals.

Ach vielleicht doch noch einen größeren Schluck. Wenn die Zubereitung nicht auf Anhieb klappt, gibt es keinen Ersatz! Ich atme noch einmal tief durch, stürze das Glas auf ex hinunter, dann sehe ich mich endlich in der Lage, Mehl und Hefe zu einem Teig zu verkneten.

Während der Pizzateig ruht, widme ich mich dem Ambiente.

Mit einer Flasche Schaumsüppchen in der Hand, mit dem Finger gegen die Nase tippend, entscheide ich mich zwischen zwei Schlucken aus der Flasche für einen exquisiten Tischläufer in klassischem Weiß, florales Muster, parfümiert und 4-lagig. Abreißware ist außerdem so praktisch. Man hat immer die richtige Größe parat! Wer hat schon zur Tischdeko passende Dessous?

Liebestrunken drapiere ich mich in meiner parfümierten, 4-lagigen Unterwäsche auf der Couch. Allerdings überkommt mich beim Üben eines lasziven Augenaufschlags eine bleierne Schwere. Mein Kopf sinkt langsam in die Armbeuge.

Sanfte Küsse kitzeln mich am Hals. Ich wache gar nicht richtig auf, schläfrig murmele ich abweisend nur: "1,5 Meter! Reproduktionszahl unter 1!"

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Küchenschlacht

Teller, Tassen, Schüsseln, Gewürze und Töpfe stapeln sich auf der Arbeitsfläche und dem Küchentisch. Goldlöckchen linst zur Tür herein, macht auf der Stelle kehrt und erstattet dem Rest der Mannschaft Bericht. Alarmstufe rot! Die Küche ist Sperrgebiet! Kontaktaufnahme mit Mama nicht möglich! Der Göttergatte packt die Kinder ein und evakuiert zur Schwiegermutter. Als die Familie zurückkehrt, scheint alles ruhig. Ich liege mit hoch gelegten Füßen auf der Couch. Der Göttergatte traut dem Frieden nicht. Schon auf der Arbeitsfläche sind Veränderungen zu erkennen. Die Kaffeemaschine hat die Seite gewechselt. "Kinder, helft den Tisch für die Brotzeit decken!" Er öffnet den ersten Schrank und macht ihn wieder zu. Die Teller werden vermisst. Goldlöckchen zieht die Besteckschublade auf. "Hä? Wo sind die Messer?" Ich verdrehe die Augen, versammle die Mannschaft und gebe eine Einweisung. Die Tassen und Teller orientieren sich an der Kaffeemaschine, das Besteck musste sich aufte...

Willi, der kleine Weihnachtsbaum

Willi freut sich. Er reckt jeden seiner Äste von sich und schüttelt die Schneeschicht ab, die sich über Nacht wie Puderzucker über seine Zweige gelegt hat. Jeder soll sehen können, was für eine prächtige Nordmanntanne er ist. Er ist der perfekte Weihnachtsbaum. Es ist der Tag vor Heilig Abend. Heute lernt er die Familie kennen, mit der Willi das Weihnachtsfest verbringen darf, da ist er sich sicher. Schon stapft Bauer Heinrich zu dem Metalltor des kleinen Christbaumverkaufs. Er löst die schwere Kette und schiebt das Tor weit auf. Einige Autos warten schon und fahren auf den Parkplatz. Sie sind bunt wie Christbaumkugeln. Willi überlegt, in welchem Auto er mitfahren wird. Vielleicht in dem blauen? Oder in dem grünen? Er kann es kaum erwarten, mit roten und goldenen Kugeln geschmückt zu werden. Wird er eine Spitze oder einen Stern als Krone aufgesetzt bekommen? Willi fühlt schon die Geschenke, die von unten an seinen Zweigen kitzeln und wie sich seine Lichter in den Augen der Kinder spieg...

An der Supermarktkasse

     Ein bisschen Salat und Gemüse, eine Tüte Nudeln und ein Glas Sauce. Schnell an die Kasse und bezahlen. Sozusagen ein Supermarkt-Quickie.      Wenn da nicht immer diese eine Mami vor einem an der Kasse stehen würde, unter deren Einkauf das Kassenband ächzt und stöhnt. Die Kassiererin beäugt erst den Einkauf kritisch, dann die schnell länger werdende Schlange hinter dem Großeinkauf.      Natürlich kann man nicht einmal mehr bitten, ob man vorgelassen werden könnte, weil die Kassiererin notgedrungen vorne beginnt zu kassieren, während hinten noch Lebensmittelvorräte für ein halbes Jahr auf das Band gepackt werden.      Da hilft alles Augenrollen nichts. Diese Mami, die bin ich.      "Ganz schön verfressen, die Familie." "Wie bitte?" Ich höre wohl nicht recht.      "Kann man seine Einkäufe nicht wie normale Menschen erledigen? Spätestens seit Corona sind Hamsterverkäufe verpöhnt!"     ...