Direkt zum Hauptbereich

Durchsuchungsbeschluss



Es ist unerhört! Ich dachte eigentlich, in einem Rechtsstaat zu leben. Ich habe mich auf das Grundgesetz verlassen. Artikel 13 garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Das bedeutet, dass meine vier Wände nur mit richterlichem Beschluss durchsucht werden dürfen.

Was ist dieses Recht wert? Wie ich erfahren musste, nicht das Papier, auf dem es gedruckt wurde.

Es ist Sonntagmorgen. Ich liege noch im Bett, lausche dem lustigen Zwitschern der Vögel und drehe mich wohlig seufzend noch einmal um. Ausschlafen - unbezahlbar! Von wegen! Da rumpelt doch was! Es muss der Wäschekorb sein, der gegen die Badewanne schlägt. Ich setze mich auf und höre Stimmen aufgeregt miteinander flüstern. Füße trampeln in den nächsten Raum. Schubladen werden aufgezogen, Bücher fliegen aus den Regalen.

Ich rüttle den Göttergatten wach. "Einbrecher! Das müssen Einbrecher sein! Sieh sofort nach!" Der Göttergatte blinzelt nur und dreht sich zur Seite. Entschlossen schlage ich die Bettdecke zurück und springe aus dem Bett. Nicht mit mir!

Im Wohnzimmer liegen die Kissen und Decken unserer Couch wild verstreut herum. Die Schranktüren stehen offen, einer der Küchenstühle ist umgekippt.

Zwei Kommissare inspizieren gerade die Küchenschubladen. Mir klappt die Kinnlade herunter, als sich einer der beiden mir zuwendet und einen Schritt auf mich zu geht. Ich stehe nur mit einem T-Shirt vor ihm und wünsche mir einen Bademantel, den ich enger ziehen könnte.

Der Kommissar zeigt mit dem Finger auf mich. "Wo haben Sie ihn versteckt? Wir wissen genau, dass er hier irgendwo sein muss!" Der zweite rückt seine Brille zurecht und durchbohrt mich mit seinem Blick. "Rücken Sie ihn sofort heraus! Wir stellen die ganze Bude auf den Kopf!"

Also wirklich! Der Beamte der örtlichen Polizeidienststelle nimmt meinen Anruf gelangweilt entgegen. Ob ich denn wüsste, dass heute der erste Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling sei? Was ist das denn für eine mittelalterliche Zeitangabe? Sehe ich aus, als hätte ich Geschichte studiert? Ich solle die beiden Kommissare beschreiben. Groß sind sie nicht, der eine reicht mir gerade bis zur Schulter und der andere könnte kleinwüchsig sein. Wie bitte? Eine deutschlandweite Razzia mit minderjährigen Ermittlern? Könne man nichts machen, da hängt der Vatikan mit drin? Na sauber.

"Ich hab' hier was!" Ich eile zum Ort des Verbrechens, äh Geschehens. Nein! Mein geheimer Schokoladenvorrat im Getränkekühlschrank! Die Kommissare vernichten hemmungslos die Beweismittel. Tränen steigen mir in die Augen. Ich gestehe alles und stelle zwei Schoko-Hasen auf den Tisch.

Zum Glück haben die beiden Ermittler nicht in der Nachttischschublade gesucht...

Frohe Ostern!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Küchenschlacht

Teller, Tassen, Schüsseln, Gewürze und Töpfe stapeln sich auf der Arbeitsfläche und dem Küchentisch. Goldlöckchen linst zur Tür herein, macht auf der Stelle kehrt und erstattet dem Rest der Mannschaft Bericht. Alarmstufe rot! Die Küche ist Sperrgebiet! Kontaktaufnahme mit Mama nicht möglich! Der Göttergatte packt die Kinder ein und evakuiert zur Schwiegermutter. Als die Familie zurückkehrt, scheint alles ruhig. Ich liege mit hoch gelegten Füßen auf der Couch. Der Göttergatte traut dem Frieden nicht. Schon auf der Arbeitsfläche sind Veränderungen zu erkennen. Die Kaffeemaschine hat die Seite gewechselt. "Kinder, helft den Tisch für die Brotzeit decken!" Er öffnet den ersten Schrank und macht ihn wieder zu. Die Teller werden vermisst. Goldlöckchen zieht die Besteckschublade auf. "Hä? Wo sind die Messer?" Ich verdrehe die Augen, versammle die Mannschaft und gebe eine Einweisung. Die Tassen und Teller orientieren sich an der Kaffeemaschine, das Besteck musste sich aufte...

Willi, der kleine Weihnachtsbaum

Willi freut sich. Er reckt jeden seiner Äste von sich und schüttelt die Schneeschicht ab, die sich über Nacht wie Puderzucker über seine Zweige gelegt hat. Jeder soll sehen können, was für eine prächtige Nordmanntanne er ist. Er ist der perfekte Weihnachtsbaum. Es ist der Tag vor Heilig Abend. Heute lernt er die Familie kennen, mit der Willi das Weihnachtsfest verbringen darf, da ist er sich sicher. Schon stapft Bauer Heinrich zu dem Metalltor des kleinen Christbaumverkaufs. Er löst die schwere Kette und schiebt das Tor weit auf. Einige Autos warten schon und fahren auf den Parkplatz. Sie sind bunt wie Christbaumkugeln. Willi überlegt, in welchem Auto er mitfahren wird. Vielleicht in dem blauen? Oder in dem grünen? Er kann es kaum erwarten, mit roten und goldenen Kugeln geschmückt zu werden. Wird er eine Spitze oder einen Stern als Krone aufgesetzt bekommen? Willi fühlt schon die Geschenke, die von unten an seinen Zweigen kitzeln und wie sich seine Lichter in den Augen der Kinder spieg...

Schrödingers Gutschein

Bei The Big Bang Theory schaut Mathe und Physik immer so einfach aus. Nie hätte ich gedacht, selbst einmal auf ein Phänomen zu stoßen, das die Welt revolutionieren könnte. Doch genau das ist geschehen! Ich bin da etwas ganz Großem auf der Spur... Alles begann ganz harmlos damit, dass ich von meiner Schwiegermutter einen Gutschein mit den Worten "Gönn dir was Schönes!" geschenkt bekam. Im Gegensatz zu Bargeld, das erst in Lichtgeschwindigkeit im Geldbeutel verschwindet, um dann wie eine Sternschnuppe für Klopapier und Zahnpasta zu verglühen, ist ein Gutschein dazu in der Lage, den Aggregatszustand eines Wunsches von Schall und Rauch in eine feste Masse zu verwandeln. It's magic! Ich saß also abends auf der Couch und scrollte planlos durch den Online-Shop, bis mir einfiel, dass ich ich schon lange dieses eine E-Book haben wollte, das mir bisher immer zu teuer war. Blöd nur, dass mein Gutschein in den unendlichen Weiten meiner Küchenschublade feststeckte. Leider war es mir a...