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Die Legende von St. Martin

Vergangenen Montag fand der St.-Martins-Zug unseres Kindergartens statt. Ein Meilenstein, nicht nur, weil Goldlöckchen sich an dem Vorspiel zur Geschichte des Hl. Martin beteiligen durfte, sondern weil es auch der letzte Martinszug mit einem Kindergartenkind war. Wer kennt sie nicht, die Legende von St. Martin?

Damals, vor 30 Jahren, als Erzieherinnen, Kinder und Eltern allen Widrigkeiten trotzten. In Reih und Glied wurden die Kinder aufgestellt und wagten es nicht, aus der Reihe zu tanzen. Statt harmloser LED-Teelichter wurden damals noch ganze Lagerfeuer in die Laternen gepackt, um Wölfe und Bären fernzuhalten. Nur durch Gottes Gnade seien weder Kinder noch Laternen in Flammen aufgegangen. Es baumelten die Laternen noch an Holzstäben mit Splittern so groß wie Zahnstocher. Da hatte man noch etwas in der Hand!

So zogen sie aus, um die Kunde des Heiligen Martins bergauf und gegen den Wind in die Welt hinauszusingen. Sie stemmten sich tapfer gegen die nasskalte Wand aus Nebel, während die Eiszapfen von Ohrläppchen und Nasenspitzen wuchsen. Das Weinen der Kinder zerriss die Dunkelheit: "Mein Licht ist aus!" Eltern versuchten mit Feuerstein und Holzwolle die Teelichter wieder anzuzünden, während sie nervös an einer Zigarette zogen.

Beim Vorspiel kniete eines der Kinder barfüßig im Schnee (damals gab es ja noch welchen!) und Martin riss den Mantel mit bloßen Händen entzwei. Sein Gaul wurde direkt vor Ort rituell geschlachtet und man war sich nie sicher, ob nicht etwas von dem Blut in den Glühwein gemischt wurde, der am Ende des Zuges die Kälte aus den Herzen aller Beteiligten trieb.

So erzählen es die Legenden.
Hatten wir ein Glück, dass es am Montag nur geregnet hat.





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