Christian legte
Jacke und Schuhe ab und ging ins Wohnzimmer. Schweigend beobachtete er Sybille,
wie sie am Boden saß und mit ihren beiden Töchtern spielte. Das Haar, das einst
seidig geglänzt hatte und immer sorgfältig frisiert gewesen war, hing ihr
strähnig auf die Schultern. Diese wiederum steckten in einer rosafarbenen
Nicki-Jacke, passend zu den Schweinchen-Jogginghosen.
Dabei hatte Sybille sich
ihre Figur trotz der beiden Schwangerschaften bewahrt, sie war sogar schlanker
als vorher. Doch die knallengen Jeans und die eng anliegenden Tops waren
spurlos verschwunden. Freilich hatte sie auch schon vorher Gammelklamotten
getragen. Aber sogar diese wusste sie mit Stil zu tragen. Als hätte sie seinen
Blick gespürt, drehte Sybille sich zu ihm um. „Gut, dass du endlich da bist.
Der Müll muss noch raus, im Kleiderschrank ist eine Schraube locker und Leo
muss auch noch seine Runde drehen!“ Leo. Leo war eine Ratte. Nein, eigentlich
war Leo ein kleiner Terrier, der angeschafft worden war, weil Sybille in einem
ihrer schlauen Elternratgeber gelesen hatte, dass Kinder unbedingt mit Tieren
aufwachsen sollten. Warum, hatte Christian längst vergessen. Christian nickte
nur, ging in die Küche und wollte bei einem Kaffee die Zeitung lesen. „Kannst
du die Milch nicht zurück in den Kühlschrank stellen?“ Aus den Augenwinkeln sah
er das Schweinchen die Tür auf und wieder zuklappen. Nein, das hatte er jetzt
so nicht denken wollen!
Er legte die Zeitung beiseite. „Was hältst du davon, wenn wir
die Kinder am Wochenende zu deiner Mutter bringen? Wir nehmen uns drei Tage nur
für uns. Berti hat mir von einem tollen Hotel erzählt, in dem er letztens mit
seiner Frau beim Wellnessen war.“ Er stand auf, nahm Sybille in den Arm und
begann ihren Hals zu küssen. „Ich weiß nicht so recht…“, stammelte sie und
versuchte, sich ihm zu entziehen. Er ließ von ihr ab, sah ihr tief in die Augen
und sagte: „Überleg es dir, während ich mit dem Köter draußen bin.“
Das Abendessen verlief wie gewöhnlich. Christian kaute
gedankenverloren auf einem Stück Fleisch herum, von dem er nicht sagen konnte,
was es einmal gewesen war. Lilli und Lara quasselten vor sich hin,
übertrumpften sich gegenseitig und fingen dann zu streiten an. Die pädagogischen, aber
wirkungslosen Floskeln, die Sybille dazwischen warf, hörte er gar nicht mehr.
Er würde ja viel lieber einfach mal auf den Tisch hauen. Er vermisste die
Gespräche über die unterschiedlichen Projekte. Sie hatten oft stundenlang
verschiedene Möglichkeiten durchgespielt und bei einem Gläschen Rotwein nach
Lösungen gesucht. Sybilles Wangen hatten vor Eifer geglüht, sie war ganz bei
der Sache gewesen und ihn mit durchdringenden Blick angesehen. Christian hatte
es aufgegeben, sie nach ihrer Rückkehr in die Firma zu fragen. Obwohl Lilli
nächstes Jahr in die Schule gehen würde und Lara alt genug für den Kindergarten
war, wollte Sybille nicht wieder arbeiten.
„Ich werde die Kinder nicht drei Tage abschieben“, erklärte
Sybille später im Bett mit säuerlicher Miene und massierte ihre Handcreme mit
energischen Bewegungen ein. „Dann gib uns zumindest einen Abend“, versuchte
Christian zu verhandeln. „Wir waren schon so lange nicht mehr ungestört…“ Er
rutschte näher, legte ihr Buch auf den Nachttisch und begann sie erneut zu
küssen. „Es gibt einfach viel zu tun. Weißt du, Lara befindet sich gerade in
einer wichtigen Phase der psychologischen Entwicklung und Lilli wird doch bald
in die Schule gehen. Meine Güte, diese Umstellung. Hoffentlich kommt sie damit
klar…“ Sybille versteifte sich und rückte von Christian ab. „Vergiss doch einen
Moment mal die Kinder!“ entgegnete er nun genervt. „Meinst du nicht, du
übertreibst es mit deiner Fürsorge etwas?“ Da hatte er den Salat. Sie
drehte sich weg und machte das Licht aus.
Die folgenden Tage strafte sie ihn mit Schweigen und
giftigen Blicken. Wie gut, dass Christian sich in die Arbeit flüchten konnte.
Er freute sich auf das Mittagessen mit Mia. Sie arbeiteten gerade an einem
gemeinsamen Projekt. Gespräche mit ihr waren so herrlich leicht und wie ihre Wangen glühten, wenn sie so richtig bei der Sache waren...
Hoffe sehr auf eine Fortsetzung :)
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